„Denn es sollen wohl Berge weichen und Hügel hinfallen, aber meine Gnade soll nicht von dir weichen, und der Bund meines Friedens soll nicht hinfallen, spricht der HERR, dein Erbarmer.“ (Jesaja 54,10)
Als mir bei der Konfirmation die Worte von Jesaja 54,10 zugesprochen wurden, war ich enttäuscht. Kein Klang, nur eine düstere Prophezeiung – und noch dazu aus dem Alten Testament. Das verband sich mit dem Gedanken, dass ich in die Kirche immer mit Furcht eingetreten bin, denn oben am Altar ist der strenge Gott mit dem Globus in der Hand zu sehen, und unten, auf dem Altarbild, muss sein einziger Sohn den bitteren Kelch entgegennehmen.
Jahre vergingen, und mein Spruch hat immer nur Kälte ausgestrahlt.
Als wir uns zur Trauung in der Kirche am Budapester Deák-Platz angemeldet haben, fragte mich Pfarrer Hafenscher, ob ich eventuell meinen Konfirmationsspruch noch weiß. Ja, antwortete ich stolz, aber bevor ich noch etwas sagen konnte, sagte er, das könnte auch dann unser Trauspruch werden. Ich konnte mich nicht wehren.
Vier Wochen vor unserer Trauung ist mein Vater plötzlich verstorben. Ich bin wie eine Nachtwandlerin vor dem Altar gestanden, als die Worte fielen: „Es sollen wohl Berge weichen und Hügel hinfallen, aber meine Gnade soll nicht von dir weichen, und der Bund meines Friedens soll nicht hinfallen, spricht der HERR, dein Erbarmer.“ Und auf einmal ging ein kleines Licht auf: Er ist gnädig, hat Erbarmen mit mir, und trotz meines zerstörten Lebens will er den Bund seines Friedens aufrechterhalten. Er hat mich also nicht verlassen.
Jahr um Jahr verging, manches mit schweren Schicksalsschlägen gefüllt, ich bin immer wieder hingefallen, aber je härter die Erde bebte, desto mehr ist das Feuer der Zuversicht an Gottes Gnade gewachsen. Wie sehr muss er mich lieben, wenn er seinen eingeborenen Sohn für meine Schuld geopfert hat!
Als ich vor wenigen Jahren gestürzt bin und mein Zustand schockierend war, war mein Umfeld in großer Sorge. Doch trotz schlimmer Schmerzen ist meine Seele gelassen geblieben: Er hat sich meiner erbarmt, mich in seiner Hand gehalten und gnädiglich behütet.
Die Kirche kann ich schon lange ohne mich zu fürchten betreten, denn durch den Kelch mit Christi Blut wird der Bund des Friedens mit Gott immer wieder erneuert, mein Platz in der Kirche ist der friedvollste Ort meines Lebens geworden. Wovor sollte ich Angst haben?
Márta Farsang